Thorsten Kroog Stromlieferung als selbständige Leistung beim Wohnmietvertrag berechtigt zum umsatzsteuerlichen Vorsteuerabzug des Vermieters für seine Fotovoltaikanlage

Im Folgenden soll das Urteil des Bundesfinanzhofs BFH, XI R 8/21 vom 17. Juli 2024 genauer analysiert und dargestellt werden.

1. Leitsatz

Bei der Lieferung von Strom, den der Vermieter von Wohnraum über eine Fotovoltaikanlage selbst erzeugt und an seine Mieter gegen Entgelt abgibt, handelt es sich nicht um eine unselbstständige Nebenleistung der umsatzsteuerfreien (langfristigen) Vermietung von Wohnraum, sondern um eine selbstständige umsatzsteuerpflichtige Leistung.

Diese berechtigt zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen (Anmerkung: insbesondere der Anschaffung der Fotovoltaikanlage), da kraft Gesetzes für den Mieter die Möglichkeit besteht, den Stromanbieter frei zu wählen, und die Stromlieferung getrennt und nach individuellem Verbrauch abzurechnen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 07.12.2023 – V R 15/21, BStBl II 2024 S. 503, zum Vorsteuerabzug für die Lieferung einer Heizungsanlage).

2. Streitig war

Der Vermieter sah die Stromerzeugung und die Lieferung an die Mieter jeweils als eigenständige Leistung an – zu Recht so der BFH, während das Finanzamt eine Gesamtleistung sah, nämlich die Vermietung einer Wohnung mit der dazugehörigen Stromlieferung – zu Unrecht.

3. Der Grund dafür

Der Grund für die gegenteiligen Auffassungen lag selbstverständlich darin, dass der Vermieter den Vorsteuerabzug für die (Anschaffung der) Fotovoltaikanlage beanspruchte, während das Finanzamt dies ablehnte.

4. Entscheidend war

Der Bundesfinanzhof beurteilte diesen Fall insbesondere unter Berücksichtigung der hierfür abgeschlossenen Verträge.

Da der Stromlieferungsvertrag unabhängig vom Mietvertrag über die Wohnräume bestand, handelte es sich nach seiner Auffassung um zwei verschiedene Leistungen.

Die Vereinbarung über die Stromlieferung war unabhängig vom Mietvertrag kündbar. Dies ergibt sich auch aus § 42a Abs. 2 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (EnWG), in dem ein ausdrückliches Koppelungsverbot zwischen dem Miet- und dem Energielieferungsvertrag enthalten ist.

Die Mieter konnten daher unabhängig vom Mietvertrag den Stromlieferungsvertrag kündigen und danach den Strom von einem anderen Anbieter beziehen.

5. In der Vorinstanz

Laut dem Niedersächsischen Finanzgericht spreche dafür auch, dass der Kläger mit seinen Mietern individuelle Zusatzvereinbarungen über die Stromlieferung abgeschlossen habe, in denen auch vom Mietvertrag abweichende Kündigungsmöglichkeiten des Stromlieferungsvertrags vorgesehen waren.

6. Was war im Falle der Lieferung einer Heizungsanlage anders?

Die Rechtsprechung des BFH, nach der die Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage jedenfalls dann im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur umsatzsteuerfreien Vermietung stehen, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat (vgl. BFH-Urteil vom 07.12.2023 – V R 15/21, BStBl. II 2024, 503, Rz. 16 ff.), ist auf den die Stromlieferung betreffenden Streitfall nicht zu übertragen. Der Vermieter von Wohnraum schuldet zum vertragsgemäßen Gebrauch zwar die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, jedoch nicht die Lieferung von Strom. Aufgrund des Kopplungsverbots des § 42a Abs. 2 EnWG darf eine solche Verpflichtung sogar kein Vertragsbestandteil des Mietvertrags sein.

Thorsten Kroog

Rechtsanwalt
Steuerberater

Jetzt Kontakt aufnehmen: