Lisa Farr Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern

Sind künftig alle Gesellschafter-Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig? Die Frage der Sozialversicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern ist seit Jahren Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wurde in den letzten Jahren neu ausgerichtet und weiter konkretisiert. Neue Entscheidungen deuten derzeit darauf hin, dass es zu weiteren Verschärfungen kommen könnte, sodass bald kein Raum mehr für eine Sozialversicherungsfreiheit von Gesellschafter-Geschäftsführern bestehen könnte.

Die Frage der Sozialversicherungspflicht für Gesellschafter-Geschäftsführer bemisst sich nach § 7 I SGB IV. Sozialversicherungspflichtig ist demnach derjenige, der einer nichtselbständigen Tätigkeit nachgeht. Einer solchen geht nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien nach, wer eine weisungsgebundene Tätigkeit hinsichtlich Inhalt, Dauer, Zeit und Ort der Tätigkeit ausübt und in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingegliedert ist.

Für die Beurteilung der Weisungsgebundenheit der Gesellschafter-Geschäftsführer ist die Frage der Stammkapitalbeteiligung mit Abstand das wichtigste Kriterium. Sobald der Gesellschafter-Geschäftsführer mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte hält, übt er eine weisungsunabhängige Tätigkeit aus und ist nicht sozialversicherungspflichtig. Er verfügt in diesem Fall über den maßgeblichen Einfluss (Rechtsmacht) Beschlüsse herbeizuführen und Beschlüsse gegen seinen Willen zu verhindern und kann somit die Geschicke der Gesellschaft bestimmen. Dann ist er „selbstständig.“

Ausnahmsweise kann auch eine geringere Stammkapitalbeteiligung ausreichen, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag über eine festgeschriebene Sperrminorität verfügt, also Beschlüsse herbeiführen oder verhindern kann. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erlangt die erforderliche Rechtsmacht somit durch gesellschaftsvertragliche Regelung.

Nicht ausreichend ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, allerdings wenn der Fremdgeschäftsführer, der keine eigenen Geschäftsanteile hält, aber von einem Gesellschafter-Geschäftsführer treuhänderisch unwiderruflich mindestens 50 % des Stammkapitals übertragen bekommt. Auch er bleibt sozialversicherungspflichtig, weil die schuldrechtliche Rechtsmacht nicht die Reichweite der gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht aufweist. Es gilt hier nur, was im Gesellschaftsvertrag steht.

Trotz der entwickelten Abgrenzungskriterien lässt sich nicht vermeiden, dass im Einzelfall Unsicherheiten über die Zuordnung verbleiben können. Auch besteht wegen der sich immer weiter verschärfenden Rechtsprechung die Gefahr, dass derzeit sozialversicherungsfreie Gesellschafter-Geschäftsführer künftig sozialversicherungspflichtig werden, wenn beispielsweise eine noch größere Stammkapitalbeteiligung gefordert wird.

Hier kann die Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund Klarheit bringen. Im Rahmen des Anfrageverfahrens wird den Beteiligten Rechtssicherheit darüber verschafft, ob sie selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt sind.  

Wir stehen Ihnen bei Fragen gerne jederzeit zur Verfügung. 

Lisa Farr

Rechtsanwältin


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