Bei einem Werkvertrag, wie z. B. der Beauftragung eines Handwerksbetriebs, müssen die erbrachten Arbeiten und Werkleistungen regelmäßig von der Bauherrin/dem Bauherrn abgenommen werden. Der Abnahme kommt eine entscheidende Funktion zu: Mit der Abnahme wird die Erbringung der Arbeiten als vollständig, vertragsgerecht und im Wesentlichen mangelfrei bestätigt und das Unternehmen darf die Rechnung stellen, da der Werklohn fällig ist. Häufig wird dies mit einem schriftlichen Abnahmeprotokoll, das beide Seiten unterzeichnen, dokumentiert (sog. „förmliche Abnahme“).
Wie verhält es sich jedoch, wenn nicht der Bauherr oder die Bauherrin, also der oder die Auftraggeber/in des Werkvertrags, sondern eine andere Person das Abnahmeprotokoll unterzeichnet?
Hier hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle mit Urteil vom 19.09.2019 – 6 U 37/19 entschieden, dass in dem Fall, in dem ein/e Mitarbeiter/in des Auftraggebers das Abnahmeprotokoll mit „i. A.“ unterzeichnet, er oder sie dadurch zum Ausdruck bringt, dass er/sie keine Verantwortung für den Inhalt des Abnahmeprotokolls übernimmt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 26.08.2020 (Az. VII ZR 226/19) die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, sodass das Urteil des Oberlandesgerichts Celle rechtskräftig ist.
Weiter wurde vom OLG Celle hier entschieden, dass in einem solchen Fall die Abnahme – und damit die Billigung des hergestellten Werks als vertragsgerecht, was zur Fälligkeit des Werklohns führt – erst durch die Abnahmeerklärung bzw. -bestätigung des Auftraggebers/der Auftraggeberin, also derjenigen Person, die auch Vertragspartnerin des Werkunternehmers/der Werkunternehmerin ist, erfolgt.
Anders jedoch das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg mit Urteil vom 02.02.2023. Hier steht im Leitsatz: Durch die (Unter-)Zeichnung „i. A.“, also „im Auftrag“, wird im Geschäftsverkehr regelmäßig ein Handeln in fremdem Namen zum Ausdruck gebracht. Hierbei ist durch Auslegung zu ermitteln, ob der Handelnde wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt der von ihm abgegebenen Erklärung übernehmen will oder nicht. Auch hier wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, sodass das Urteil rechtskräftig ist.
Was heißt das für die Praxis?
Für die Praxis heißt dies: Die Verwendung des Kürzels „i. A.“ unter einem Abnahmeprotokoll ist nicht eindeutig. Es gilt der berühmt-berüchtigte Juristengrundsatz: „Es kommt darauf an …„. Es kann daher nicht pauschal beurteilt werden, was gilt. Es sind vielmehr die die Gesamtumstände maßgeblich. Keine Option ist es, dem Namen bzw. der Unterschrift keinen Vertretungszusatz voranzustellen. Damit kann der Eindruck erweckt werden, man sei der Geschäftsinhaber oder handle als Geschäftsführer, was wiederum zu anderen rechtlichen Problemen führt.
Handwerksbetriebe und Unternehmen müssen daher sehr genau darauf achten, wer zur Abnahme erscheint und ob diese Person, wenn sie nicht die Vertragspartnerin des Unternehmens ist, ausreichend bevollmächtigt ist, die Abnahme des Werks zu erklären. Falls keine ausreichende Vollmacht – am besten durch Vorlage einer schriftlichen Bevollmächtigung! – nachgewiesen werden kann, sollte entweder der Abnahmetermin verweigert oder zumindest vorab telefonisch die ausreichende Bevollmächtigung abgefragt und dann später schriftlich bestätigt werden. Auch sollte darauf geachtet werden, dass eine Unterschrift nicht „i. A.“, sondern zumindest mit „i. V.“ d. h. „in Vertretung“ erfolgt oder gleich die Abnahme mit der richtigen Vertragspartnerin durchgeführt wird.
Private Bauherrinnen sollten im Fall einer unwirksamen Abnahme durch eine andere Person, die nur „i. A.“ das Abnahmeprotokoll unterzeichnet hat, das Abnahmeprotokoll prüfen, ob sie es genehmigen wollen oder nicht. Falls es nicht ihrem Willen entspricht, könnten sie sich darauf berufen, dass noch keine wirksame Abnahme erfolgt und damit auch der Werklohn noch nicht fällig ist. Oder sie könnten darauf bestehen, dass ein erneuter Abnahmetermin entweder mit ihnen selbst oder einer dann ausreichend bevollmächtigten Person stattfindet. Der Werklohn wäre im Fall einer unwirksamen Abnahme bis zu einer nachträglichen Genehmigung durch die Bauherren oder der Durchführung einer wirksamen Abnahme dann (noch) nicht fällig. Im Zweifel ist somit immer eine rechtliche Beratung zur rechtlichen Einordnung eines unklaren Sachverhalts anzuraten.