Der deutsche Mittelstand steht vor einer massiven Nachfolgewelle. Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn rechnet damit, dass in den nächsten Jahren im Schnitt etwa 38.000 Unternehmen pro Jahr zur Übergabe anstehen.
Parallel zeigt das KfW-Nachfolge-Monitoring, dass bis Ende 2027 insgesamt rund 626.000 mittelständische Unternehmen einen Rückzug der Inhaber planen. Etwa 30 % der Unternehmerinnen und Unternehmer sind bereits über 60 Jahre alt.
Laut DIHK-Report 2024 gibt es in der IHK-Nachfolgeberatung mehr als dreimal so viele übergabewillige Unternehmen wie Übernahmeinteressenten. Ein erheblicher Teil der Inhaber erwägt deshalb inzwischen die Betriebsschließung, wenn keine tragfähige Nachfolge gefunden wird. Hochrechnungen zufolge könnten mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze davon betroffen sein.
Unternehmensnachfolge ist damit kein reines „Familienthema“ mehr, sondern ein strategischer Risikofaktor für Beschäftigung, regionale Strukturen und die Vermögensplanung der Unternehmerfamilie.
Vorbereitung und Formen der Unternehmensnachfolge
Für die Vorbereitung der Unternehmensnachfolge wird im ersten Schritt sinnvollerweise die Unternehmensstruktur steuerlich und rechtlich optimiert. Damit werden nicht nur haftungsrechtlich, sondern auch betriebswirtschaftlich und steuerlich die Weichen für eine Unternehmensnachfolge gestellt, wodurch z. B. der Veräußerungserlös gehebelt und die Steuerlast auf diesen erheblich reduziert werden kann.
Zu den wichtigsten Nachfolgearten gehört die familieninterne, gefolgt von der unternehmensinternen und der unternehmensexternen Nachfolge.
1. Innerfamiliäre Nachfolge
Die vermeintlich einfachste Lösung bleibt die Übergabe an Kinder oder andere Angehörige – durch Schenkung, Verkauf (oft gegen Raten- oder Versorgungsleistungen) oder Erbschaft. Vertraglich sind Gesellschaftsvertrag, Testament sowie Ehe- und Güterstandsregelungen eng aufeinander abzustimmen, um spätere Konflikte in der Familie zu vermeiden. Nach unserer Erfahrung ist daneben häufig eine große Herausforderung, die Interessen aller Beteiligten angemessen zu berücksichtigen und diese unter einen Hut zu bekommen.
2. Management-Buy-Out (MBO) / Mitarbeiterbeteiligung
Findet sich kein geeigneter Nachfolger innerhalb der Familie, lohnt sich ein Blick ins eigene Unternehmen. Die Übergabe an langjährige Führungskräfte oder Mitarbeitende kann für alle Beteiligten (einschließlich des Unternehmens selbst) sinnvoll sein. Das Management erwirbt das Unternehmen häufig kombiniert mit Fremdkapital. Juristisch zentral sind z. B. Finanzierung bzw. Kaufpreisstruktur (z. B. Earn-out, Verkäuferdarlehen), Haftung, Wettbewerbsverbote, Kommunikation im Unternehmen und eine geordnete Übergabe.
3. Verkauf an strategische oder Finanzinvestoren
Ein Verkauf an Branchenkollegen oder größere Unternehmensgruppen ermöglicht oft Synergien in Vertrieb, Einkauf oder Produktion.
Als Alternative können Private-Equity-Fonds und Mittelstandsbeteiligungsgesellschaften Wachstum finanzieren und eine schrittweise Entzerrung des Gesellschafterkreises ermöglichen. Häufig bleiben bisherige Inhaber über Minderheitsbeteiligungen oder Earn-out-Komponenten übergangsweise eingebunden. Neben der Wahl der richtigen Transaktionsstruktur (Share Deal, Asset Deal etc.) sind Exit-Regelungen (Tag-along, Drag-along etc.) und die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit im Übergangszeitraum hier besonders wichtig.
4. Stiftungslösungen und sonstige Strukturmodelle
Bei größeren oder konfliktanfälligen Familienunternehmen kann eine Unternehmensstiftung oder eine Familiengesellschaft helfen, das Unternehmen langfristig zu sichern und gleichzeitig die Familie zu versorgen. Diese Gestaltungen sind rechtlich und steuerlich anspruchsvoll und teuer, bieten aber hohe Sicherheit und Kontinuität.
Fazit: Früh planen, professionell begleiten lassen
Unternehmensnachfolgen können emotional extrem anstrengend und kräftezehrend sein für Unternehmer und Unternehmerinnen bzw. Familien. Neben rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Herausforderungen finden die persönliche Ebene und Familienhistorie der Beteiligten häufig zu wenig Beachtung. Neben der entsprechenden fachlichen Expertise des Beraterteams sollte dieses deshalb über unternehmerische Erfahrung sowie Fingerspitzengefühl verfügen, um sich in die Beteiligten hineinversetzen und deren Motivationslagen verstehen und abbilden zu können.
Wir empfehlen deshalb, mindestens fünf, besser zehn Jahre vor dem geplanten Rückzug mit der Planung zu beginnen und dafür eine geeignete „Mannschaft“ zusammenzustellen. Neben der erwähnten Kompetenz sind nach unserem Dafürhalten die Vertrauenskomponente und ein eingespieltes Beraterteam maßgeblich, wenn es um die Übergabe von Lebenswerken geht. Hören Sie bei der Beraterauswahl auch auf Ihr Bauchgefühl und hinterfragen Sie kritisch, ob Ihre Interessen und Wünsche verstanden und berücksichtigt werden.
Als Kanzlei mit Schwerpunkt im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht kennen wir die rechtlichen und tatsächlichen Fallstricke und begleiten Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam mit Steuer- und Unternehmensberatern aus unserem Netzwerk in allen Phasen der Nachfolge.