Isabella BeerJuristisches Tauziehen um fehlerhafte Brustimplantate geht weiter

Ein Aufschrei ging durch Europa, als im März 2010 der Verdacht aufkam, dass ein französischer Hersteller von Silikonimplantaten billiges Industriesilikon für seine Produkte verwendet hat und der TÜV Rheinland diese Implantate nicht überprüft hat. Weltweit waren Hunderttausende Frauen betroffen, allein in Deutschland gab es schätzungsweise 5000 Opfer.

2013 hatte ein Gericht im südfranzösischen Toulon den TÜV Rheinland zu Schadensersatzzahlungen verurteilt. Demnach sollte jede Geschädigte 3000 € erhalten. Gegen dieses Urteil legte der TÜV Rheinland Berufung ein. Nun entschied das französische Berufungsgericht teilweise zugunsten der Geschädigten. Diejenigen Frauen, denen die Implantate vor September 2006 eingesetzt worden waren, gehen allerdings leer aus und erhalten keinen Schadensersatz. Über die tatsächliche Höhe der Entschädigungen für die übrigen Frauen wird im September 2021 entschieden. 

In einem weiteren Verfahren vor dem Bundesgerichtshof hatte eine betroffene Frau aus Deutschland ebenfalls Schadensersatz gefordert und war gescheitert. Nachdem sie sich durch alle deutschen Instanzen geklagt hatte, legte der Bundesgerichtshof die Sache im April 2015 dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vor und stellte die Frage, ob der TÜV Rheinland nach den europäischen Vorgaben für Medizinprodukte haftet.

Der Europäische Gerichtshof entschied in seinem Urteil 2017, dass den TÜV Rheinland keine generelle Pflicht trifft, unangemeldete Inspektionen durchzuführen, Produkte zu prüfen und/oder Geschäftsunterlagen des Herstellers zu sichten. Er wies die Klage daher ab. 

Wie ist grundsätzlich die Haftung bei Schönheitsoperationen gestaltet?

Unabhängig von diesem Skandal stellt sich die Frage, wie die Haftung bei solchen Eingriffen gestaltet ist. Bei einer Schönheitsoperation handelt es sich um einen medizinisch nicht notwendigen Eingriff, weshalb ihn die Krankenversicherung im Regelfall nicht bezahlt. Viele Patienten/ Patientinnen sparen daher für den Eingriff und wollen durch die Operation den vermeintlichen Schönheitsmangel beseitigen.

Der Arzt schuldet zunächst einmal kein konkretes Ergebnis, sondern „nur“ eine ordnungsgemäße Behandlung des Patienten/ der Patientin. Die Aufklärung vor einem Eingriff spielt bei Schönheitsoperationen eine ganz zentrale Rolle, der Arzt muss den Patienten/ die Patientin über alle Risiken aufklären und ihn/ sie sehr deutlich auf die Gefahren des Eingriffs hinweisen.

Wie bei allen medizinischen Behandlungen gibt es auch in der Schönheitschirurgie Handlungsanweisung für Ärzte, wie Eingriffe durchzuführen sind, also wie ein Silikonkissen in der Brust implantiert werden muss oder in welcher Region eine Botox-Spritze gesetzt werden kann. Wird dieser Facharztstandard verletzt, haftet der Arzt.

Letztlich orientiert sich die Haftung des Schönheitschirurgen somit an den gleichen Regeln wie bei einem medizinisch notwendigen Eingriff.

Isabella Beer

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht
Fachanwältin für Versicherungsrecht

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